Dienstag, 12. Juni 2012

Wölfe und Nonnen - 5 vor 12

Fakten:


Wer außer Fussballergebnissen den Medien noch andere Neuigkeiten entnimmt, weiß schon seit Längerem: Nichts geht mehr! Rién ne va plus! Hatten wir lange - zu lange - geglaubt, am deutschen Wesen könne die Welt genesen, sehen wir uns jetzt eines Besseren belehrt.

Die Inder wollen partout keinen Müll trennen, sondern lassen ihre heiligen Kühe die weggeschmissenen Zeitungen wiederkäuen. Ihre IT-Experten denken nicht im Traum daran, im kalten Deutschland die klaffenden Pisa-Lücken zu stopfen. Die Chinesen pfeifen auf das Kyoto-Abkommen und blasen derart viel CO2 in die von Kuhfürzen ohnehin schon total versiffte Luft, dass den Klimaschützer bis vor kurzem eine enorme Verschmutzungslücke entgangen ist - in der Grössenordnung von Japans CO2 Emissionen. Apropos Japan: Die fahren doch tatsächlich ihre abgeschalteten Kernkraftwerke wieder hoch und denken überhaupt nicht daran, verstrahlt zu Boden zu sinken.

Deutscher Friedenssinn und Multikultitoleranz kann weder die Schengengrenzen überwinden, wie uns Talibane und Syrer zeigen, ja nicht einmal im Inland sich noch frei entfalten, siehe Salafisten. Lediglich die sauer verdienten EUROs des deutschen Steuerzahlers kennen keine Grenzen und strömen frei gen Süden, wo sie dann friedlich in schwarzen Löchern unwiederbringlich verschwinden. 


Fiktionen:


Die gute alte Tante „Zeit“ hat es endlich auch gemerkt und zieht daraus den Schluss: „Die Globalisierung überfordert uns“. Weiter: Die Welthandelsorganisation (WTO) mache seit über einer Dekade keine Fortschritte mehr. Der EU-Handelskommissar warne, in der WTO sei es „fünf vor zwölf“. Auch für die globale Umweltpolitik sehe es nicht besser aus. Ausserdem habe die internationale Finanzmarktkrise die Grenzen nationaler Regulierungssysteme deutlich gemacht und sei die EU durch die EURO-Krise an die Grenzen der Belastbarkeit gelangt.

Die mehrheitlich beim Deutschen Institut für Entwicklungspolitik beschäftigten Autoren des Zeit-Artikels nennen zwar einige Faktoren, die den aus ihrer Sicht desolaten Zustand der Globalisierungsbemühungen erklären könnten, als da wären: nationale Egoismen, Verteilungskonflikte und Machtspiele anstatt globaler Kooperation. Und, politisch inkorrektest: Dass Menschen egoistische Wesen seien, damit beschäftigt, ihre Eigeninteressen zu optimieren. Sofern Menschen dann doch kooperieren, nämlich in Staaten, gilt laut der „realistischen Schule der internationalen Beziehungen“, dass Staaten Akteure seien, die „in der anarchistischen Welt des internationalen Systems ihre nationalen Interessen zu maximieren trachten“. Wer hätte das gedacht?!

Und dann noch eins drauf, geradezu sarrazinesk, ein Zitat von dem „bekannten Publizisten David Brooks“, von 2007: "Der Informationsgehalt unserer Gene, die Beschaffenheit unserer Neuronen und die Lehre der Evolutionsbiologie – das alles lässt keinen Zweifel daran, dass die Natur von Konkurrenz und Interessenkonflikten bestimmt wird."

Da aber, gemäß dem in Deutschland gehuldigten Palmströmprinzip, nicht sein kann, was nicht sein darf "entspricht nicht dem Stand der Forschung", wird flugs aufgezeigt, dass laut „Evolutionsforscher Frans de Waal“ die Menschen „Herdentiere und sozialen Wesen“ sind, denn: „Als unsere Vorfahren einst die Wälder verließen und sich in eine offene und für sie gefährliche Welt begaben, wurden sie zur Beute und mussten zum Überleben eine Gemeinschaftsorientierung entwickeln“. Leider hat es dann anscheinend nur zur Staatenbildung gereicht, für eine anständige Globalisierung war man dann wohl doch zu egoistisch oder einfach zu doof. Die Schimpansen haben den ganzen Unsinn gar nicht erst mitgemacht, sind einfach im Wald geblieben und haben dort ihre Gemeinschaften gegründet, was aber nicht weniger gefährlich war - nachzulesen bei Jane Goodall und ähnlichen seriösen Werken der Primatenforschung.

Laut Verhaltensforscher Michael Tomasello vom Max-Planck-Institut sei die einzigartige Stellung der Menschen im Tierreich mit deren Kooperationsfähigkeit zu erklären, die im Prozess der Menschheitsgeschichte zu einem Anpassungsvorteil wurde. Im Falle des Scheiterns in signifikanter Größenordnung, käme es zu Kriegen und Krisen. Grundlagen gelingender Kooperation seien, laut Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom: Kommunikation, Vertrauen, Reputation, die Anpassung an gemeinsam entwickelte Regelwerke oder auch Instrumente zur Bestrafung opportunistischen Verhaltens.

Nun ist ja bekanntlich Kooperationsfähigkeit unter Befolgung der oben genannten Tugenden das Erfolgs- und Überlebensprinzip von z.B. Wolfsrudeln, Sklavenhalter-Gemeinschaften, Nonnenklöstern und Termitenstaaten. Auch die Cosa Nostra, der Vatikan, ein Bienenstock oder die chinesischen Triaden wären ohne diese Kooperationsfähigkeit aufgeschmissen. Was hat das aber mit der Globalisierung zu tun? Im Falle der Cosa Nostra und der chinesischen Triaden kann man sich zwar durchaus eine für beide Seiten ersprießliche, und gewissermaßen globalisierte, Kooperation vorstellen, aber das haben die Autoren gewiss nicht gemeint.

Kooperation sei, laut Zeit, möglich und müsse durch geeignete Institutionen geschützt werden, damit sie nicht scheitern könne. Aha, die Herdentiere können es alleine nicht! Aber, wieder laut Zeit, sind wir „gerade heute nicht in der Lage, diese Institutionen zu etablieren“. Die Erfahrungen, nicht nur lokal oder im nationalen Massstab aufeinander angewiesen zu sein und eine globale Risikogemeinschaft darzustellen, seien menschheitsgeschichtlich noch ziemlich neu und es gebe eine sozialwissenschaftliche Theorie der Weltgesellschaft erst in Ansätzen.

Die Menschen müssten lernen, „ihr evolutionäres Erfolgsprogramm als kooperationsfähige Wesen auf die Weltgesellschaft zu übertragen, bevor es zu globalen Systemkrisen kommt“. Wegen der Machtverschiebung weg von den „alten“ Mächten (G 7, Nato) zu den "neuen" Mächten (G 20) stehen die zentralen Bedingungen für erfolgreiche Kooperation leider unter Stress, wie die Zeit hellsichtig feststellt. Die gemeinsamen Regelwerke und Lernprozesse müssten unter Zeitdruck erst aufgebaut werden.

Gelernt und aufgebaut mit Hilfe von Entwicklungsinstitutionen? Aufgebaut auf der Grundlage sozialwissenschaftlicher Forschung über eine Theorie der Weltgesellschaft? Finanziert von wem?


Merke: 

Nicht die Globalisierung überfordert uns, sondern wir überfordern die Globalisierung.


Häuptling Seattle belehrt uns: 

„Erst wenn ihr den letzten EURO rausgeschmissen habt, werdet ihr merken, dass man D-Mark nicht essen kann.“

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